Volatilität & Risiko Wesentliche Anlegerinformation vs. Basisinformationsblatt

Volatilität und Risiko sind zwei verschiedene Dinge. An dieser Kernthematik änderte auch das im Jahr 2023 eingeführte "Basisinformationsblatt" nichts. Denn die Volatilität ist nach wie vor der Maßstab für die Bestimmung der Risikoklassen. Diese wird im Beitrag unter folgendem Link behandelt: Volatilität & Risiko

Dagegen widmet sich der Beitrag hier auf dieser Seite ausschließlich den inhaltlichen Änderungen des "Basisinformationsblattes" gegenüber den "Wesentlichen Anlegerinformationen", welche Ende 2022 durch eben dieses "Basisinformationsblatt" abgelöst wurden.

 

Erweiterung der Bandbreiten zwischen den Risikoklassen

Die Erweiterung der Bandbreiten durch den neuen Gesamtrisikoindikator "SRI" stellt die gravierendste Änderung des 2023 eingeführten "Basisinformationsblatt" (BIP) dar.

Dadurch wechselten die meisten Investmentfonds schlagartig in eine niedrigere Risikoklasse.

Die von uns empfohlenen Fonds mit einer Volatilität von ca. 18% wechselten ab Januar 2023 von Risikoklasse "6" zu Risikoklasse "4". Nachfolgende Tabelle verdeutlicht diese Verschiebung.

 

Wesentliche Anlegerinformationen (2011 bis 2022) Basisinformationsblatt (seit 2023)
Risikoklasse Risikoindikator: SRRI1) Risikoindikator: SRI2)
1 0 - 0,5 % 0 - 0,5 %
2 0,5 - 2,0 % 0,5 - 5,0 %
3 2,0 - 5.0 % 5,0 - 12.0 %
4 5,0 - 10,0 % 12,0 - 20,0 %
5 10,0 - 15,0 % 20,0 - 30,0 %
6 15,0 - 25,0 % 30,0 - 80,0 %
7 > 25,0 % > 80,0 %

1) SRRI = Synthetic Risk and Reward Indicator (basiert auf Volatilität)

2) SRI = Summary Risk Indicator (basiert auf Volatilität + ggf. Bonitätsrisiko)

 

Der Vorteil dieser Bandbreitenerweiterung ist, dass Fonds jetzt nicht mehr so einfach 1 oder gar 2 Risikoklassen hin- und her wechseln können. Die Problematik des ständigen Risikoklassenwechsels haben wir im obig verlinkten Beitrag bereits als Nebenkritik erwähnt. Diese wird auch mit dem neuen Risikoindikator "SRI" noch vorhanden sein - wenn auch abgeschwächt - denn es gibt natürlich auch mit dem neuen Risikoindikator "SRI" noch immer überschreitbare Grenzen, weshalb auch weiterhin Wechsel in den Risikoklassen auftreten. Risikoklassen-Wechsel (pdf)

Sinnvoller wäre nach unserer Ansicht eine weniger kurzfristige Risikoeinschätzung und eine dauerhafte Einstufung des Investmentfonds durch die Fondsgesellschaft (bei Fonds in "Grenznähe" wird dieser einfach eine Risikoklasse höher eingestuft).

Ein weiterer Vorteil des neuen Risikoindikators "SRI" ist die zusätzliche Einberechnung eines möglichen Bonitätsrisikos. Hiervon betroffen sind Garantiefonds (z.B. DWS Flexpension).

Normale Investmentfonds (ohne Garantie) betrifft dies nicht, weil diese keine Garantieleistung beinhalten. Denn eine Garantie bei Investmentfonds ist letztendlich ja nur ein vertragliches Versprechen; und ein vertragliches Versprechen ist immer von der Bonität desjenigen abhängig, der das Versprechen gibt. Demgegenüber bleiben Fondsanteile als Sondervermögen im Eigentum des Anlegers davon unberührt.

 

Zweifelhaftes, verändertes Beratungsverhalten

Durch den Wechsel von Fonds in niedrigere Risikoklassen aufgrund der neuen Klassifizierung werden Berater dazu verleitet, ihren bestehenden Kunden Fonds anzubieten, welche aufgrund dieser neuen Klassifizierung nun in eine kleinere "Risiko-Bewertungszahl" gewechselt haben und damit für den Kunden plötzlich geeignet zu sein scheinen. 

Doch in diesem Fall trügt der Schein, denn das Risiko eines Investmentfonds ändert sich nicht, nur weil die Vorgaben zur Einstufung des Fonds auf der "Risikoskala" einfach abgeändert werden.

Der Anleger kann deshalb bei oberflächlicher Betrachtung einer Täuschung unterliegen, wenn ein zuvor für ihn "unpassender" Fonds nun plötzlich in der "passenden" Risikoklasse zu sein scheint.

 

Nach wie vor keine Vergleichbarkeit bei den Risikoklassen

1) Leider wird das Währungsrisiko immer noch nicht berücksichtigt. Neu ist lediglich der Hinweis, dass dieses im Gesamtrisikoindikator keine Berücksichtigung findet. Hier ein Beispiel (Zitat):

"Bedenken Sie das Währungsrisiko. Sie erhalten Zahlungen in einer anderen Währung, sodass die endgültige Rendite, die Sie erhalten, vom Wechselkurs zwischen den beiden Währungen abhängt. Dieses Risiko wird in dem oben dargestellten Indikator nicht berücksichtigt."

Im Beitrag Volatilität & Risiko wurde am Beispiel eines US-Dollar Cashfonds aufgezeigt, wie sich eine in den "wesentlichen Anlegerinformationen" ausgewiesene Risikoklasse "1" sich für den Anleger als Risikoklasse "4" entpuppt, sobald Auszahlungen in Euro erfolgen.

Mit dem neu eingeführten "Basisinformationsblatt" und dem entsprechend neuen Risikoindikator "SRI" würde Risikoklasse "1" zu Risikoklasse "3" (bei Auszahlung in Euro). Es gibt also bedingt durch die oben aufgezeigte Erweiterung der Bandbreiten zwischen den Risikoklassen eher ein etwas kleinerer Risikoklassen-Unterschied. Jedoch sind die Fonds nach wie vor über die  Risikoklassen nicht zuverlässig vergleichbar. Vergleich Volatilität USD & EUR (pdf)

 

2) Im Basisinformationsblatt vieler Fondsgesellschaften findet sich beim Risikoindikator der Hinweis "Der Risikoindikator beruht auf der Annahme, dass Sie das Produkt x Jahre halten".

Dadurch lässt sich vermuten, dass die Berechnung des Risikoindikators mit der Haltedauer des Fonds verknüpft ist. Allerdings erhielten wir auf Nachfragen bei Fondsgesellschaften bisher keine Bestätigung dafür, dass die Haltedauer des Fonds einen Einfluss auf dessen Risikoindikator hätte (was nach unserer Ansicht auch unlogisch wäre).

Auch erscheint uns ein weiterer, oft verwendeter Hinweis/Satz nicht ganz passend: "Wir haben dieses Produkt auf einer Skala von 1 bis 7 in die Risikoklasse x eingestuft...". Denn dieser Satz erweckt den Eindruck, als würde die Einstufung des Fonds in die entsprechende Risikoklasse frei nach Willen/Ermessen der Fondsgesellschaft erfolgen und nicht nach Vorgaben der entsprechenden gesetzlichen Verordnung.

Jedenfalls sorgen derartige Hinweise im Basisinformationsblatt für weitere Verwirrung beim Anleger, erschweren zusätzlich die ohnehin schon schlechte Vergleichbarkeit und auch die Gesamtverständlichkeit leidet darunter.

 

Weitere Neuigkeiten im Basisinformationsblatt

1) Der neue Risikoindikator "SRI" erfasst nun auch andere Anlageprodukte wie beispielsweise Kapitalversicherungen, Zertifikate, Derivate oder geschlossene Fonds.

Des Weiteren basiert der SRI nicht mehr einfach auf der Volatitlität der letzten 5 Jahre, sondern diese wird mit Hilfe stochastischer Simulationen in die Zukunft hochgerechnet. 

2) Anstelle der Wertentwicklung der letzten 10 Jahre werden nun Szenarien für die künftige Wertenwicklung verwendet ("Stress", "Pessimistisch", "Mittleres" und "Optimistisch").

3) Die Bezifferung der Transaktionskosten eines Fonds ist ebenfalls neu.

4) Zuvor 2 Seiten, jetzt 3 Seiten.